USA. Chronischer Stress geht bekanntlich bei Tier und Mensch mit einer
Schädigung des Hippocampus sowie Lern- und Gedächtnisproblemen einher. Die
Vermutung liegt daher nahe, dass chronischer Stress auch die Entstehung
einer Alzheimer-Demenz begünstigen kann. Eine prospektive Studie von R. S.
Wilson und Kollegen erhärtet nun diesen Verdacht. Die Autoren hatten die
Gelegenheit, ältere Ordensmitglieder wiederholt gesundheitlich zu
untersuchen. Zur Basiserhebung gehörte ein Fragebogen, der die
Stressanfälligkeit jedes Teilnehmers bewertete (Maximalwert: 48 Punkte).
Während des fast
fünfjährigen Beobachtungszeitraums erkrankten 140 der rund 800 Teilnehmer
an einer Alzheimer-Demenz. Bei 90 Prozent der Verstorbenen war eine
Hirnautopsie möglich. Für Personen, die zu Beginn der Untersuchung eine
hohe Stressanfälligkeit aufwiesen (90. Perzentile), war im Vergleich zu
Personen mit niedriger Stressanfälligkeit (10. Perzentile) die
Wahrscheinlichkeit doppelt so groß, an einer Alzheimer-Demenz zu
erkranken. Stressanfälligkeit beeinträchtigte speziell das episodische
Gedächtnis, das sich im Extremfall um den Faktor 10 verschlechterte.
Andere kognitive Leistungen waren vergleichsweise stressresistent.
Interessanterweise standen Stressanfälligkeit und die in den Autopsien
gefundenen pathologischen Hirnveränderungen in keiner erkennbaren
Beziehung.
Nach Ansicht der
Autoren verdient der Zusammenhang zwischen Stressanfälligkeit und
Alzheimer-Risiko besondere Aufmerksamkeit. Er passt zu den eingangs
erwähnten Befunden, denen zufolge der an Gedächtnisprozessen wesentlich
beteiligte Hippocampus durch Stress Schaden erleidet. Außerdem eröffnet er
gegebenenfalls Möglichkeiten, einer Alzheimer-Demenz vorzubeugen (etwa
durch Stressverringerung oder Anwendung geeigneter Pharmaka, z.B.
Antidepressiva). Vorerst bleibt unklar, inwieweit sich der hier
beschriebene Zusammenhang nicht auch als Folge depressiver Symptome
erklären lässt, die ja ebenfalls eine Form von Stress darstellen.
R.
S. Wilson u. a.: Proneness to psychological distress is associated with
risk of Alzheimer´s disease. Neurology 2003 (61) 1479-1485 |