Waren Sie nicht schon öfter enttäuscht oder verärgert, weil die Gespräche
mit dem von Ihnen betreuten Demenz-Kranken unbefriedigend verliefen? Die
folgenden Hinweise erläutern, wie Sie selbst dazu beitragen können, besser
mit Demenz-Patienten zu kommunizieren.
Das Morgenhoch
nutzen
Wählen Sie den Vormittag,
wenn Sie mit dem Patienten Wichtiges besprechen wollen. Dann sind
Demenz-Kranke erfahrungsgemäß am aufmerksamsten.
Stimmlich beruhigen
Sprechen Sie in lauten
Situationen bewusst leise. So verringern Sie nicht nur beim Kranken,
sondern auch bei sich Aufregung und Nervosität. Erheben Sie keineswegs die
Stimme nur deswegen, weil der Kranke dies tut. Lautes Sprechen verwirrt
unnötig.
Kommunikationshilfen
nutzen und äußere Bedingungen optimieren
Überzeugen Sie sich
davon, dass der Patient die ihm zur Verfügung stehenden
Kommunikationshilfen benutzt (Brille, Hörgerät). Überprüfen Sie
regelmäßig, ob das Hörgerät richtig eingestellt ist. Wenn der Kranke im
Bett liegt, sollte er so aufgerichtet sein, dass er den Gesprächspartner
leicht im Blick hat. Fragen Sie, ob Sie gut gehört und gesehen werden.
Setzen Sie sich auf die Seite des besser hörenden Ohres. Überprüfen Sie,
was den Patienten von einem Gespräch ablenken könnte (besondere Dinge im
Raum, Hintergrundgeräusche, Körpersignale wie Hunger, Durst, Stuhl- oder
Harndrang).
Zum Reden ermuntern,
ohne zu überfordern
Ermuntern Sie den
Kranken, mehr zu sprechen, wenn er einsilbig antwortet ("Erzähl mir mehr
darüber"). Geben Sie ihm Zeit zur Antwort. Setzen Sie ihn nicht unter
Druck, sich unbedingt erinnern zu müssen. Musik kann die Erinnerung an
Vergangenes fördern. Nach Expertenansicht scheint besonders die Zeit
zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr das Musikgedächtnis zu prägen.
Verborgene Wünsche ansprechen
Fordern Sie den Kranken
auf, seine Bedürfnisse und Gefühle frei zu äußern. Ältere Menschen
schrecken generell davor zurück, um etwas für sich zu bitten. Sie denken,
dass sie dankbar für ihre jetzige Versorgung sein müssen. Manche vermuten,
dass ihre Betreuer unter großem Zeitdruck stehen, für „belanglosere
Gespräche nicht offen sind und sich möglicherweise nur unnötig Sorgen
machen würden. Deshalb denken viele ältere Menschen auch lieber alleine
über den Tod nach. Aktives Nachfragen verhindert auch, dass Entscheidungen
über den Kopf des Patienten hinweg getroffen werden.
Reizwörter” und
„Verbote“ vermeiden“
Indem Sie bestimmte
Wörter gebrauchen, können Sie ungewollt den Demenz-Kranken zu Streit
verleiten oder unter Stress setzen. Dabei kann es sich um ganz persönliche
Reizwörter des Kranken handeln (zum Beispiel “Geld”, “Krankenhaus”) oder
auch um Widerspruch auslösende Wörter wie “doch”, “trotzdem”, “nie”,
“nein”. Versuchen Sie, diese Wörter zu vermeiden. Verzichten Sie möglichst
auf „Verbote“ – Demenz-Kranke stoßen ohnehin laufend an Grenzen und
Zurückweisungen. Machen Sie anstelle eines unerfüllbaren Wunsches lieber
weitere Vorschläge, unter denen der Patient wählen kann. So vermitteln Sie
ihm kleine Erlebnisse von Freiheit und Wichtigkeit, zugleich helfen Sie
ihm über ein zunächst geäußertes „nein“ hinweg. Kommt es dennoch einmal
zum Streit, ist dies nicht „gefährlich“. Nicht selten ist es für den
Kranken eine Möglichkeit, sich lebendig zu fühlen und intensive
Empfindungen auszudrücken.
Informationen
einfließen lassen, nicht “abfragen”
Verzichten Sie gegenüber
dem Kranken darauf, Informationen zu “pauken”, ihn ständig zu korrigieren
oder ihm “Quizfragen” zu stellen, wie zum Beispiel “Welchen Tag haben wir
heute?”. Eine solche Vorgehensweise überfordert und beschämt den Kranken.
Desorientierte Menschen wissen zwar die Zeit nicht, ihnen ist aber
bewusst, dass man so etwas wissen sollte. Lassen Sie lieber die notwendige
Information behutsam und beiläufig ins Gespräch einfließen. Es ist für den
Kranken weniger frustrierend, fehlende Begriffe gesagt zu bekommen, als
allzu lange vergeblich danach zu suchen.
Äußerungen
wiederholen, statt variieren
Wiederholen Sie geduldig
und freundlich einen Satz oder eine Frage, wenn ein Demenz-Kranker nicht
reagiert. Variieren Sie nicht die Formulierung in der Annahme, dass Ihr
Gegenüber andere Begriffe oder Beschreibungen besser versteht (so wie es
in der Kommunikation mit Ausländern oft vorkommt, wenn verschiedene
Vokabeln „ausprobiert“ werden). Demenz-Krankeverarbeiten Informationen
langsamer und brauchen entsprechend mehr Zeit. Das „Nachschieben“ neuer
Begriffe wird sie eher verwirren, als ihnen helfen. Wenn Sie schon eine
andere Formulierung benutzen wollen, sollte der Inhalt möglichst ähnlich
sein.
Mitteilungen auf den
Punkt bringen
Die eingeschränkte
Informationskapazität von Demenz-Kranken macht es notwendig, “möglichst
viel mit möglichst wenig Worten zu sagen”. Achten Sie auf möglichst
eindeutige Mitteilungen, die Sie in kurze Sätze fassen. Meist behält ein
Demenz-Kranker nur die letzten Worte. Verzichten Sie auf abstrakte
Begriffe, „wenn-dann-Sätze“ und unnötige Anhäufungen von
Eigenschaftswörtern.
Das Wichtigste an
den Satzanfang platzieren
Formulieren Sie Sätze so,
dass die wichtigste Information (meist ist es das Tätigkeitswort) schon am
Satzanfang steht. Dann muss sich der Hörer nicht alles Mögliche merken, um
den Sinn der Information am Satzende endlich entschlüsseln zu können.
Beispiel: „Willst Du heute oder morgen....(eventuell zusätzliche
Information)....spazieren gehen?“ Besser: „Wann möchtest Du spazieren
gehen, heute oder morgen?“
„Altdeutsch“ sprechen
Berücksichtigen Sie, dass
sich Sprachgebrauch und Wissen alter Menschen von dem jüngerer
unterscheiden. So atmen viele Demenz-Kranke nicht „Sauerstoff“, sondern
„Luft“. Kleider sind für sie nicht „pink“, sondern „rosa“. Auch die
Aufforderung „Entspanne dich“ mag für manche unverständlich sein. Ihnen
hilft vielleicht die Formulierung „Lass wieder locker“ weiter.
Ehrlich kommunizieren
Achten Sie darauf, dass
Ihre Körpersprache zum Inhalt Ihrer Worte passt. Demenz-Kranke orientieren
sich stark an nonverbalen Hinweisen. Ihre Bemerkung „Schön dich zu sehen“
wird Verwirrung auslösen, wenn Ihr Körper Eile oder Desinteresse
signalisiert. Auch Angst und Frustration können Demenz-Kranke im Gesicht
ihres Gegenübers interpretieren.
Flüsternd Aufmerksamkeit erwecken
Flüstern Sie doch einmal
mit dem Demenz-Kranken. Häufig erzeugt dies Nähe, Vertrautheit und
Aufmerksamkeit. |