„Greifen um zu
Begreifen“, „Ansprechen der Sinne“ und „Gymnastik durch alltägliche
Bewegungen mit Alltagsgegenständen“ lauten wesentliche Prinzipien
einer von Ute Schmidt-Hackenberg entwickelten Methode zur Aktivierung
Demenz-Kranker. In sehr eindrücklicher und überzeugender Form
veranschaulicht die Autorin in einem 30minütigen Videolehrfil, wie
sie verwirrte alte Menschen regelrecht „wiederbelebt“ bzw.
„auftaut“. Freudig interessiert greifen Demenz-Kranke das Angebot
auf, aus früheren Lebensabschnitten vertraute Alltagsgegenstände zu
begreifen, damit zu hantieren und sich auf ein Gespräch über deren
Bedeutung und Funktionen einzulassen. Diese Vorgehensweise knüpft am
Individuellen an und betont die Kompetenz der Patienten. Als
„aktivierende“ Gegenstände eignen sich beispielsweise alte
Bekleidungsstücke, Küchengeräte (wie eine alte Kaffeemühle oder
Einmachgläser) und - besonders für Männer - Werkzeug. Mit Gürtel
laden dann beispielsweise zur Gymnastik ein und mit Schraubenziehern
lassen sich Drehbewegungen üben. Zur praktischen Durchführung rät
Frau Schmidt-Hackenberg u.a.:
n
Gruppen gleichartig Betroffener zu bilden
n
die Teilnehmer immer wieder individuell mit dem Namen
anzusprechen
n
ihre Biografie zu berücksichtigen
n
nur einfache Aufforderungen zu stellen
n
alles in lebendiger Weise vorzumachen
n
nie zu korrigieren
n
alle Sinne anzusprechen (wie hat es gerochen und geschmeckt?)
n
alles Gesagte aufzugreifen
n
auf regionale Besonderheiten (Dialekt, Gebräuche) einzugehen
n
genügend Ruhepausen einzulegen.
Trotz des
verbreiteten Zeitmangels dürfte die 10-Minuten-Aktivierung letztlich
in jedem Heimalltag noch Platz finden. Die gegenstands- und
handlungsbezogene Erinnerungsreise lockert die mitunter monotonen Abläufe
auf und erlaubt es den Betreuern, die Patienten aus neuen Blickwinkeln
zu sehen und so noch mehr schätzen zu lernen. Die Autorin empfiehlt
allen Einrichtungen, „Gedächtnisschränke“ einzurichten. Diese
enthalten nach Themen geordnet Kästen oder Kartons (z.B.
„Nordseestrand“). Alltagsgegenstände aus früherer Zeit lassen
sich auf Flohmärkten, bei Trödlern oder bei Haushaltsauflösungen
finden. Eine aktivierende Gestaltung des Wohnmilieus ergänzt die
10-Minuten-Aktivierung. Dazu eignet sich beispielsweise ein
Schaukasten, der ähnlich wie ein Schaufenster regelmäßig neu
gestaltet wird und die Vorbeilaufenden zum Anhalten einlädt. Wie im
Film demonstriert kann auch eine monatlich wechselnde „Kontaktstelle
mit der Jahreszeit“ anregen. Im „Heumonat“ Juli beispielsweise
sind die Betreuerinnen angehalten, gemeinsam mit den Demenz-Kranken
das an der Kontaktstelle dekorativ aufgebaute Heu aufzuschütteln, so
daß der Geruch intensiver aufsteigt, und nach diesem zu fragen.
Der Lehrfilm wird ergänzt
durch einen „Materialband“, der in Videoform und ohne
Kommentierung weitgehend ungekürzte Sequenzen aus der
Aktivierungsarbeit zeigt.
Aufbruch
in die Vergangenheit: 10-Minuten-Aktivierung mit Verwirrten +
Materialband + Begleitbroschüre. 32 Minuten bzw. 60 Minuten. Vicentz
Verlag Hannover 1996. 189 DM
Empfehlenswert ist
auch ein weiterer 30minütiger Videofilm des gleichen Verlages, der
anhand von Modelleinrichtungen in das „Problemfeld
Demenz“ einführt. Er zeigt den Umgang mit aggressivem und
unruhigem Verhalten, kritisiert das klassische Realitätsorientierungstraining
und plädiert nicht zuletzt. für einen flexiblen Umgang mit den
Kranken.
Auf
der Suche nach Lösungen: Problemfeld Demenz (+ Begleitbroschüre).
Vincentz Verlag 1993. 158 DM