von
Konrad Lößel, Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik. Pharmacia
& Upjohn GmbH, Erlangen
An der pharmazeutischen Forschung gesunden weniger die
Patienten als die betreffenden Unternehmen, lautet ein bekanntes
Vorurteil. Wer so denkt, hat sich vermutlich wenig mit den komplexen
Effekten wissenschaftlicher Studien befaßt. Diese erschöpfen sich
keineswegs in der Feststellung, ob ein neues Arzneimittel wirkt oder
nicht wirkt. Wie S. M. Albert und Mitarbeiter in der Zeitschrift
Neurology veranschaulichen, kann sich allein die bloße Teilnahme an
einer wissenschaftlichen Untersuchung für Kranke und ihr Umfeld
vorteilhaft auswirken. Die amerikanischen Autoren gingen der Frage
nach, wie eine solche Teilnahme langfristig den Krankheitsverlauf
leicht dementer Patienten beeinflußt. Bei der rund 3,5jährigen
Nachbeobachtung zeigte sich, daß eine solche Teilnahme den Anteil der
Kranken um die Hälfte reduzierte, die in diesem Zeitraum in ein
Pflegeheim aufgenommen werden mußten. Andere Prüfkriterien blieben
dagegen unbeeinflußt. Albert und Mitarbeiter räumen ein, daß offen
bleibt, ob der beschriebene Effekt auf die geprüften Arzneimittel,
eine einseitige Auswahl der Patienten oder eine besondere Schulung und
Motivation der Betreuer im Rahmen der Studien zurückzuführen ist.
Wie man aus anderen Quellen weiß, scheint besonders der zuletzt
genannte Effekt eine wichtige Rolle zu spielen.
Auch die noch im Gang befindliche WaS-Studie (Wertigkeit einer
antidementiven Therapie mit SERMION® 30) hat den Beteiligten noch
weitaus mehr zu bieten als ein erwiesenermaßen wirksames
Arzneimittel: Sie schult die teilnehmenden Ärzte in der Anwendung
eines wertvollen Instruments zur Frühdiagnostik und
Verlaufsbeurteilung der Demenz (SKT = Syndrom-Kurz-Test). Zugleich
fördert sie das Bewußtsein dafür, daß der Nutzen von Antidementiva
wie SERMION® 30 (Nicergolin) objektivierbar ist. Patienten und
Angehörige fühlen sich durch die Begleitbefragungen in ihren Sorgen
ernst genommen. Sie lernen, ihren Blick auf Bereiche zu lenken, die
aufgrund erkennbarer Behandlungserfolge optimistischer stimmen und zur
Compliance motivieren.
Arzneimittelstudien ist es zu verdanken, daß selbst die
Politik den Nutzen ausreichend geprüfter Antidementiva (wie etwa
Nicergolin) unumwunden anerkannt hat (zuletzt 1996 in Form einer
Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der SPD). Wie
bedeutsam der Stellenwert der Antidementiva derzeit in unserem
Gesundheitswesen ist, zeigen nicht zuletzt die im Februar 1997 von der
Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft veröffentlichten
„Empfehlungen zur Therapie der Demenz“. Klipp und klar heißt es
in deren Zusammenfassung: „Nootropika (Antidementiva, Erg. der Red.)
sind bei Demenz vom Alzheimer-Typ und bei vaskulärer Demenz
wirksam“.
Literatur:
S. M. Albert et al.: Participation in clinical trials and long-term
outcomes in Alzheimer´s disease. Neurology 1997 (49) 38-43;
Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur
Demenz-Therapie. AVP Sonderheft 4 (Februar 1997)