Sich als Betreuer vor Depression schützen: Informieren Sie sich
eingehend über das Krankheitsbild der Demenz. Denn informierte
Betreuer scheinen seltener oder weniger ausgeprägt depressiv zu
erkranken. Möglicherweise hilft sachliche Information, die eigenen
Kompetenzen als Betreuer realistischer einzuschätzen und sich
dementsprechend weniger hilflos zu fühlen, wirklichkeitsnahe
Zukunftserwartungen zu entwickeln und angemessene Vergleiche
anzustellen. Vor Depression bewahrt auch die Strategie, entschieden
gegenüber dem Demenz-Kranken aufzutreten, im Umgang mit dem Leiden
einen tieferen Sinn zu sehen und die Erwartungen an den Patienten zu
verringern.
Angemessen optimistisch bleiben: Die Diagnose einer Demenz bedeutet
nicht zwangsläufig, daß das Leiden gleichmäßig fortschreitet. So
gibt es mitunter Verläufe, bei denen die geistige Leistungsfähigkeit
über ein Jahr lang stabil bleibt. Vorhersagen lassen sich lediglich
nach folgender Grundregel treffen: Je schwerer ein Patient gleich zu
Beginn seines Leidens geistig beeinträchtigt ist, um so
wahrscheinlicher ist es, daß die Erkrankung weiterhin rasch
voranschreitet. Weniger stark betroffene Personen kann man dagegen
eher beruhigen. Als Betreuer sollte man immer daran denken, daß
Begleiterkrankungen (Infektion, Herzkrankheit, Depression) eine Demenz
verschlechtern können. Die erfolgreiche Behandlung des Begleitleidens
läßt dann auch eine Besserung der Demenz erwarten.
Vorstellungen
von Demenz relativieren: Die Konzentration besonders schwerer
Demenz-Verläufe in Pflegeheimen und die fast ausschließliche
Behandlung problematischer Aspekte der Demenz in Wissenschaft und
Literatur erzeugen die Vorstellung, als gehe Demenz zwangsläufig mit
Unruhe, Eigensinnigkeit, sexueller Enthemmung und Aggressivität
einher. Tatsache ist jedoch, daß der Krankheitsprozeß bei sehr viel
mehr Betroffenen in den fortgeschritteneren Stadien zu einer milden
euphorischen Stimmung führt, in der sie in einer
freundlich-zugewandten seelischen Grundverfassung sehr leicht zu
heiteren Reaktionen imstande sind. Diese Patienten werden dann meist
von einem verläßlichen Strom zugewandter Gefühle getragen und lösen
wenig Zweifel und Schuldgefühle bei ihren Betreuungspersonen aus.
Nicht alles der Demenz anlasten: Auch für normales Altern gilt, daß
es „typische“ Persönlichkeitszüge eines Menschen stärker
hervortreten läßt. Warum soll für alternde Demenz-Kranke etwas
anderes gelten? Allerdings neigt bei ihnen die Umwelt dazu,
zugespitztes Verhalten als dramatisch zu erleben. Erinnert man sich an
frühere Persönlichkeitseigenschaften eines Dementen, dann macht
manches unverständlich wirkende Verhalten mitunter sogar Sinn, da ähnliche
Verhaltensweisen früher erfolgreich vom Kranken zur Lebensbewältigung
eingesetzt worden waren. So sind manche vermehrt umher wandernde
Demenz-Kranke schon in „gesunden Zeiten“ aktivere Menschen
gewesen, die sich überdurchschnittlich engagierten, viele
Lebenskrisen zu bewältigen hatten, auf Streß verstärkt motorisch
reagierten und überhaupt bewegungsbetonter lebten. Wiederum andere
Demente waren bereits vor ihrer Erkrankung verhaltensauffällige und
sozial schwierige Menschen, geistig Behinderte oder psychisch Kranke.
Mit dem Verlust geistiger Fähigkeiten durch die Demenz nimmt bei
diesem Personenkreis auch die bislang noch mögliche Selbstkontrolle
ab, während sich gleichzeitig auffällige oder krankhafte Persönlichkeitsanteile
relativ verstärken.