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Schützen soziale Netzwerke vor Demenz?

Schweden. Alleinstehende ältere Menschen haben im Vergleich zu verheirateten und in einer Partnerschaft lebenden Personen ein fast doppelt so hohes Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Die Wahrscheinlichkeit nimmt um so mehr zu, je dürftiger das soziale Netzwerk ist. Wichtiger als die Häufigkeit von Kontakten ist vor allem, wie befriedigend Beziehungen erlebt werden. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangen L. Fratiglioni und Kollegen in einer prospektiven Studie an 1.203 ursprünglich nicht-dementen Senioren. Bei einer Kontrolluntersuchung nach drei Jahren hatten 176 Teilnehmer eine Demenz entwickelt. Eine Analyse der Lebensbedingungen lieferte das eingangs gezeichnete Bild.
     Die schwedischen Wissenschaftler halten es für möglich, dass ein intensives soziales Netzwerk ältere

 Menschen emotional und intellektuell stimuliert und sie auch in praktischer Hinsicht so unterstützt, dass sich Demenzen nur langsam entwickeln können. Diese Ansicht teilt auch L. F. Bergman in einem Kommentar der Studie. Die amerikanische Wissenschaftlerin verweist auf Tierexperimente, in denen anregende Umwelten günstige neurobiologische Folgen hatten. Die Kommentatorin betont, dass Engagement in sozialen Beziehungen kommunikative und damit kognitive Fähigkeiten fordert und fördert (nach dem Prinzip „Was rastet, das rostet“). Soziales Engagement und soziale Verbundenheit vermitteln darüber hinaus gesundheitsförderliche Gefühle von Nützlichkeit, Verbundenheit und Wichtigkeit. Gefährlich ist nach den Ergebnissen der Studie weniger das Alleinleben als das Alleinsein. Auch scheint eine

 einzige wichtige Beziehung bei weitem nicht den schützenden Effekt zu haben wie ein vielfältiges Netzwerk.
   Viele Fragen bleiben jedoch weiter offen: So ist unklar, ob die einer Demenz vorhergehende soziale Isolation Ursache oder nicht selbst bereits Folge erster kognitiver Beeinträchtigungen ist. Auch Rückschlüsse auf therapeutische Interventionen sollten nicht voreilig gezogen werden. Denn möglicherweise spiegelt das Eingebundensein in soziale Netzwerke das Ergebnis lebenslanger Einflüsse wider, die sich nicht durch eine kurzfristige Intervention im Alter ersetzen lassen.

L. Fratiglioni u.a.: Influence of social network on occurrence of dementia: a community-based longitudinal study. Lancet 2000 (355) 1315-1319; L. F. Bergman: Which influences cognitive function: Living alone or being alone? Lancet 2000 (355) 1291-1292