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Manche Betreuungsfehler machen dement!

 

USA. Hilflosigkeit ist nicht immer nur eine Krankheitsfolge. Es gibt auch „iatrogen“ bedingte Unfähigkeiten. Beispiele liefern Betreuer, die ihren Schützling unselbständig halten, weil sie glauben, ihn so leichter handhaben zu können. Andere denken, auf diese Weise uneigennütziger zu handeln. Und manche wissen ganz einfach nicht, wie man technisch die Unabhängigkeit des Kranken erhält oder sogar fördert. T. S. Vogelpohl und Mitarbeiter demonstrieren am Beispiel des Anziehens, wie man verborgene Fähigkeiten von Demenz-Patienten freisetzen kann. Ist das neue Verhalten erst einmal eingespielt, „kostet“ es den Betreuer selten mehr als eine zusätzliche Minute, versprechen die amerikanischen Experten.

            Die meisten „Gesunden“ werden sich eingestehen, daß sie so gut wie nie ihre gesamten Fähigkeiten und Fertigkeiten ausschöpfen. Warum sollte es für Demenz-Kranke anders sein? Leider verleitet die Diagnose „Demenz“ zu der Annahme, „daß mehr nicht drin ist“. Die Erfahrungen des Autorenteams belehren eines Besseren. Vermutlich mangelt es oft nur an der erforderlichen Geduld und Zuversicht, um die Vielfalt möglicher Hilfsstrategien zu erproben. Zu den unterschiedlichen Ansatzpunkten gehören die

n    Umgebung

n    der Kranke

n    der Betreuer

n    die Interaktion.

            Am Beispiel des Ankleidens verdeutlichen die amerikanischen Fachleute die vier Hauptstrategien. Umgebungsgestaltung: Hier kann es sinnvoll sein, für Ruhe zu sorgen, damit der Kranke sich auf die Aufgabe konzentrieren kann (Beispiel: keine Hintergrundmusik aus dem Radiogerät). Die Kleider können so hingelegt werden, daß der Patient sie gut erkennt (Beispiel: dunkle Kleider auf heller Bettdecke ausbreiten). Am besten arrangiert man die Dinge so, daß sie die Zuordnung erleichtern (linker Schuh neben den linken Fuß stellen).

            In der Person des Kranken bieten vor allem körperliche Leiden (Beispiel: starke Arthrose) oder alte Verhaltensmuster sinnvolle Ansatzpunkte. So kann eine antirheumatische Behandlung manchen Kranken wieder unabhängiger machen. Wo dies nicht ausreicht, kann man sich zumindest die Arbeit teilen: Während der Betreuer die feinmotorischen Abläufe übernimmt (z.B. das Zuknöpfen), bewältigt der Kranke grobmotorische Aufgaben weiterhin alleine. Wer es früher gewohnt war, vor dem morgendlichen Anziehen eine Tasse Kaffee zu trinken, dem fällt vielleicht auch im Zustand der Demenz das Ankleiden leichter, wenn er den gewohnten Ablauf beibehalten kann.

            Vor allem am Betreuer liegt es, Ruhe auszustrahlen, für Struktur bzw. Routine zu sorgen (z.B. auf die immer gleiche Reihenfolge bei den Kleidungsstücken zu achten) und gegebenenfalls Handlungsimpulse zu setzen.

            Ein besonders wichtiger Bestandteil der Interaktion sind häufiges Loben und Bestätigen aller auch noch so kleinen Erfolge.

T. S. Vogelpohl et al.: „I can do it!“ Dressing. Promoting independence through individualized strategies. J. Gerontological Nursing 3/1996 (22) 39-48