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Vorsicht:

Demenz-Fluktuation kann Therapie-Erfolg verschleiern!

Großbritannien. Auf ein vermutlich unterschätztes Phänomen mit möglicherweise weitreichenden Folgen weisen R. McShane und Kollegen hin. Die Psychiater der Universität Oxford dokumentierten in einer Verlaufsbeobachtung bei 104 Alzheimer-Kranken, daß sich der kognitive Status der Patienten (gemessen anhand des Mini Mental State-Tests) keineswegs kontinuierlich, sondern eher fluktuierend verschlechterte. So war im Vergleich der ersten vier Beobachtungsmonate zu den folgenden vier Monaten bei jeweils rund einem Drittel der Studienteilnehmer die Krankheitsprogredienz beschleunigt, konstant bzw. verlangsamt. Der Vergleich der ersten vier Monate mit den folgenden 12 Monaten lieferte dagegen ein anderes Bild: Jetzt stellte sich die Krankheitsprogredienz bei 26 Prozent als beschleunigt, bei 56 Prozent als konstant und bei 18 Prozent als verlangsamt dar.

    Dieses Phänomen verdient besondere Beachtung, weil man für die medikamentöse Demenz-Therapie empfiehlt, den Effekt der Behandlung nach drei Monaten zu überprüfen und bei ungenügendem Erfolg gegebenenfalls das Arzneimittel zu wechseln. Nach Ansicht der britischen Autoren ist es nun aber durchaus denkbar, daß ein im Grunde bei einem bestimmten Patienten wirksames Antidementivum nur deswegen abgesetzt wird, weil es zufälligerweise in einer Phase mit beschleunigter Krankheitsprogredienz getestet wird und deshalb seine Wirksamkeit nicht mit gleicher Deutlichkeit unter Beweis stellen kann wie in einer Phase mit konstanter oder verlangsamter Demenz-Progredienz. Beispiel: Das Antidementivum bremst die Demenz um 2 MMST-Punkte pro Quartal. Erhält der Patient das Arzneimittel in einer beschleunigt progredienten Phase (mit z.B. einem Verlust von 4 MMST-Punkte pro Quartal), so erscheint es wirkungslos, da der Kranke ja weiterhin zumindest 2 MSST-Punkte verliert. Würde das gleiche Arzneimittel in einer konstant progredienten Phase (mit z.B. 2 MSST-Punkten getestet), erschiene es als „Wundermittel“, weil es jetzt für alle offensichtlich ist, daß es den Krankheitsprozeß bremst.

    Lovestone und Kollegen befürchten, daß möglicherweise bis zu einem Drittel erfolgreicher Therapien allein aufgrund des Fluktuationseffektes vorzeitig abgebrochen werden könnten. Dagegen würden bis zu 18 Prozent der Kranken ein Jahr ohne echten Gewinn Placebo erhalten, da sich bei ihnen die Progredienz ja auch ohne medikamentöse Einwirkung verlangsamt. Vor diesem Hintergrund bezweifeln die britischen Wissenschaftler, ob sich Veränderungen der Krankheitsprogredienz zur Wirksamkeitsbeurteilung von Antidementiva eignen.

S. Lovestone et al.: Issues in drug treatment for Alzheimer´s disease. Lancet 1997 (350) 886-887